Herbstlicher Sonnenaufgang am Albtrauf, das war der Plan. Die Wetteraussichten prognostizierten uns einen wolkenlosen Himmel und mit etwas Glück sollten wir Nebel im Tal haben. Am Abend zuvor viel mein Blick durch die Balkontüre auf einen eindrucksvollen Vollmond. Ich warf kurz die App an um zu schauen, wann denn der Mond untergehen würde und siehe da, das sollte kurz vor Sonnenaufgang der Fall sein. Doch nicht nur das, der Monduntergang würde genau hinter einer Felsformation statt finden - das klang gut. Also machte ich mich am nächsten Sonntagmorgen etwas früher auf den Weg. Bei der Anfahrt wurde mir mit jedem Kilometer klarer, dass der Monduntergang an der entsprechenden Location doch früher eintreten würde als ich es erwartete. So brauste ich durch die Nacht und betete zu Gott, dass ich rechtzeitig vor Ort sein würde. Zum Glück sind es vom Parkplatz bis zum Aussichtspunkt nur wenige hundert Meter. Als ich auf die Steige zur Albhochfläche einbog dann die böse Überraschung: Straße gesperrt! Ein lauter Fluch hallte durch die Stille und noch dunkle Nacht. Schnell ne alternative Anfahrt gesucht. Mist, mind. 10 km Umweg, das reicht nie. Ein kurzer Blick auf die Karten-App im Smartphone - es gibt eine asphaltierte Abkürzung auf der Albhochfläche. Nix wie los... Mit Blick auf dem langsam untergehenden Vollmond fuhr ich dem Ziel entgegen. Zum Glück war niemand unterwegs ;-) Ich stoppte am Parkplatz, hechtete aus dem Auto und in die Stiefel und sprintete den Grasweg Richtung Albtrauf. Um keine Zeit zu verlieren zog ich im Laufen bereits die Stativbeine aus. Vorne angekommen traf alles genau so ein wie es die App vorhergesagt hatte: Maximaler Vollmond genau über den Felsen - aber nur noch wenige Minuten, wenn nicht Sekunden Zeit! Schnell das Tele auf das Stativ und die Kamera dran, zitternd steckte ich den Fernauslöser an. Kamera an und: Akku leer!!! Der zweite Fluch des Morgens hallte über den Albtrauf. Schnell zum Rucksack, Akku gewechselt - wieder leer! Das gibt es doch nicht!!! Dritter Akku rein, Bildausschnitt wählen. Abdrücken. Engerer Ausschnitt - abdrücken. So gelangen mir gerade noch rund 10 Bilder, dann war der Mond weg. Schnaufend stand ich neben der Kamera und blickte auf den Albtrauf in der blauen Stunde - was für ein Tagesbeginn. Ich checkte die Bilder am Kameramonitor. Mist, verwackelt, nicht scharf genug usw. Normalerweise arbeite ich unter solchen Bedingungen im LiveView und / oder mit Spiegelvorauslösung und lasse die Kamera-Objektiv-Kombi entsprechend lange ausschwingen. Dafür war dieses Mal aber keine Zeit. Erst zu Hause gab es dann die Beruhigung, zwei bis drei Aufnahmen waren von der Schärfe her akzeptabel. Die Belichtung war natürlich extrem kniffelig, vor Ort entschied ich mich dafür die hellen Bereiche möglichst sauber zu belichten und später In Lightroom die Schatten entsprechend aufzuhellen. Moderne Kamerasensoren machen sowas zum Glück mit, vor ein paar Jahren wäre das noch undenkbar oder nur mit HDR etc. lösbar gewesen.
Zwei Dinge, die eigentlich jeder (Natur-)Fotograf weiß, wurden mir an dem Morgen wieder mal drastisch vor Augen geführt: Besser früher los als später, insbesondere bei solchen Geschichten, und am Abend zuvor die Ausrüstung ausreichend checken ;-)
Eine der ersten Aufnahmen, der Mond steht knapp über dem Horizont.
Gefällt mir fast besser, ein etwas engerer Bildwinkel und der Mond schon tlw. hinter den Bäumen.
Nach wenigen Sekunden war das Spektakel vorbei...