Warum in die Ferne schweifen wenn das Gute liegt so nah???
Das alte Sprichwort mag auch durchaus für die Naturfotorgrafie gelten, wie ich in den letzten Wochen erfahren durfte. Durch einen Umzug im März hat es uns in Stuttgart ein eine sehr "grüne" Ecke verschlagen. Große Grundstücke mit vielen Gehölzen und in der Nähe zwei Parkseen. Wenn dann der ein oder andere Garten naturnah gestaltet und extensiv bewirtschaftet wird, kann man allerhand entdecken und vor die Linse bekommen.
Als ich eines Tages aus dem Haus zum Auto über die Straße lief, viel mir ein hoher und für mich nicht alltäglicher Vogelgesang an. Hörte sich irgendwie nach Meisen oder nach Goldhähnchen an... Ein Abgleich mit den Vogelstimmen auf dem Smartphone bestätigte den Verdacht: Sommergoldhähnchen (Regulus ignicapilla). Mit die kleinsten Vögel Europas leben also direkt in unserer Nachbarschaft, der Anteil an Nadelgehölzen passt auch zu den Habitatansprüchen. So "legte" ich mich am Rande einer langen Parkbucht vor einer Fichtenhecke auf die Lauer und konnte erste Bilder von unseren kleinen Nachbarn machen. Nachdem mir der Gesang nicht mehr fremd war merkte ich erst, wie emsig die kleinen Vögel den ganzen Tag am Singen sind. Kaum war das Fenster oder die Balkontür offen hörte ich sie piepsen - und hab mich gefreut.
Eines Tages fiel mein Blick vom Balkon auf einen "roten" Vogel in den Koniferen am Grundstücksrand. Das Männchen eines Gimpels (Pyrrhula pyrrhula) saß da in aller Seelenruhe und ich spurtete zur Kamera. Ein wie ich finde in den Siedlungen eher ungewöhnlicher Anblick, hat man doch eher mal in den Wintermonaten die Chance welche zu Gesicht zu bekommen. Ab und zu höre ich im Wald einen rufen, aber bekomme ihn dann nicht zu Gesicht.
Doch auch beim Blick in den Vorgarten entdeckt man so einiges: Kleiner Hopfen-Wurzelbohrer (Korscheltellus lupulina) - keine 5m von der Haustüre entfernt.
Und wenn dann die Margeriten (Leucanthemum vulgare) im Vorgarten blühen stellen sich die Insekten ein: Larve der Zwitscherschrecke (Tettigonia cantan).
Natürlich gibt es in solch einem "grünen" Siedlungsbereich auch ne Menge Wildbienenarten zu entdecken: Männchen der Gewöhnlichen Löcherbiene (Heriades truncorum).
Mit aufmerksamen Blick wird man auch am Garagentor fündig: Weibchen der Springspinnenart Marpissa muscosa.
Nicht schlecht staunte ich, als ich die selbe Art (wieder ein Weibchen) einige Tage später bei uns in der Wohnung angetroffen habe, genauer gesagt in der Küche. Ich wollte sie mit dem Fisheye ablichten was nicht so recht gelang. Ich legte die Kamera auf die Arbeitsplatte um meine Nikon mit Makro zu holen und als ich zurückkam staunte ich nicht schlecht: Die Spinne saß auf der Kamera! Und sie kann fotografieren ;-)
Zuerst fokussieren...
...dann zum Auslöser und kräftig drücken...
... und schwups ist das Bild im Kasten ;-)
Etwas ganz Besonderes bietet der Garten um unser Haus herum: Heimische Orchideen - Mitten im bebauten Gebiet in der Landeshauptstadt!!! Keine Ahnung wie sie dorthin gekommen sind??? Hinterm Haus und auf dem Garagendach stehen eine stattliche Anzahl von Fuchs' Knabenkräuter (Dactylorhiza fuchsii). Ende Mai blühten die ersten Exemplare auf.
In der zweiten Juniwoche standen sie dann in einem Meer von Margeriten in voller Blüte.
Direkt vor dem Haus unweit des Briefkastens eine zweite heimische Orchideenart: Großes Zweiblatt (Listera ovata). Hier in der blauen Stunde abgelichtet.
Das Gute an der Naturfotografie vor der Haustüre: Man kann schnell losspringen wenn man eine schöne Lichtstimmung hat! ;-)
Doch auch das Umfeld bietet einiges an Motiven. Keine 150m und ich steh an zwei schönen Parkseen (ehemals Feuerlöschteiche). Zwei verliebte Ringeltauben (Columba palumbus) kommen zum Trinken.
Eine Bachstelze (Motacilla alba) sucht fleißig nach Nahrung für den hungrigen Nachwuchs.
Leider haben dort auch die aggressiven "Neubürger" in Form von Nilgänsen (Alopochen aegyptiaca) erfolgreich reproduziert.